Was ist Architekturpsychologie?
Architekturpsychologie ist ein Teilgebiet der Umweltpsychologie und beschäftigt sich mit der Wirkung und Interaktion von Menschen mit der gebauten Umwelt.
Architekturpsychologie ist eine junge Wissenschaft, die Wissen aus verschiedenen Disziplinen der Psychologie wie Sozial-, Entwicklungs-, Wahrnehmungs-, Arbeits- oder Neuropsychologie mit dem Wissen aus den technischen und planenden Fachgebieten wie Städtebau, Architektur, Innenarchitektur, usw. verbindet.
Bei Architekturpsychologie geht es um jede Art von Architektur, also neben Wohnhäuser auch Bürogebäude, Schulhäuser, Krankenhäuser, Plätze, Tiefgaragen, usw.
Was ist Wohnpsychologie?
Die Wohnpsychologie ist Teil der Architekturpsychologie.
Wohnpsychologie betrachtet im Speziellen der gebaute menschliche Wohnmittelpunkt und seine Wirkung auf das Befinden, Verhalten und das Zusammenleben der Bewohnerschaft.
Wohnen ist mehr als der Aufenthalt in den eigenen 4 Wänden (!)
Wohnen betrifft:
- Unsere zwischenmenschlichen Beziehungen
- Unsere Entwicklung und Entfaltung
- Unsere Wahrnehmung und Empfinden
- Unsere Gesundheit und unser Wohlergehen
Ist Wohn- und Architekturpsychologie das gleiche wie Feng Shui?
Nein. Architekturpsychologie beruht auf wissenschaftlichen Studien.
In der Architekturpsychologie werden Erkenntnisse mittels objektiven und nachvollziehbaren Methoden gewonnen.
Im Vergleich dazu ist Feng Shui eine Harmonielehre und bezieht ihr Wissen von einem chinesischen Philosophiesystem.
Welche Methoden gibt es? (Wie) Kann Wohnqualität gemessen werden?
Ja, zum Beispiel mit der HQA (Humanwissenschaftliche Qualitätsanalyse).
Mittels eines speziell entwickelten Analyseverfahrens (Humanwissenschaftliche Qualitätsanalyse HQA Version 3.1) können Wohnungen, Wohnanlagen oder ganze Siedlungen, aber auch Büros und Gebäude anderer Art umfassend auf ihre menschlichen Qualitäten hin untersucht und optimiert werden.
Bei der HQA wird eine Qualitätsprüfung mit Darstellung der Stärken und Schwächen, aber auch der Möglichkeiten und Potentiale aufgezeigt.
Da diese Analyse bereits zu einem grossen Teil während der Planungsphase möglich ist, ist empfehlenswert, die Analyse samt Beratung möglichst früh im Planungsstadium in Anspruch zu nehmen, so dass mögliche Schwachstellen noch frühzeitig optimiert werden können.
Experten zu diesem Gebiet finden Sie hier.
Architekturpsychologie = Bedürfnisgerecht Planen?
"Bedürfnisgerecht" setzt voraus, dass man die Bedürfnisse kennt.
Das wäre der Ansatz. Nur, was sind unsere Bedürfnisse?
Nebst den physiologischen Grundbedürfnissen wie Nahrung, Schlaf, usw., die allen Menschen ähnlich sind, gibt es noch zahlreiche Individual- und (Wohn)bedürfnisse, wie das Bedürfnis nach Rückzug, Sicherheit, Geselligkeit, Anerkennung, Ästhetik und Selbstverwirklichung. Diese Bedürfnisse bedeuten für jeden etwas anderes und sind je nach Lebensphase unterschiedlich ausgeprägt (z.B. beim Auszug der Kinder, Veränderung der Lebensumstände, Älterwerden, usw.).
Um also bedürfsnisgerecht planen und bauen zu können, benötigt es eine umfassende und individuelle Bedürfnisanalyse, weil meist sind wir uns unseren Bedürfnissen nicht wirklich bewusst.
Kann eine Wohnung krank machen?
Ja, die räumliche Umgebung trägt zu unserer Gesundheit bei (im positiven wie im negativen).
Langfristig betrachtet kann unter gewissen Umständen eine Wohnung krankmachen. Das kann sich in unterschiedlichen Symptomen wie Gereiztheit, Unruhe oder Stress äussern, und auf unbewusste Faktoren des Wohnumfelds zurückgeführt werden.
Um hierfür einige Beispiele zu nennen: sensorischer Lärm, mangelnde Rückzugsmöglichkeiten oder ein eingeschränkter Wahrnehmungsraum infolge schlechter Aussicht können zu psychischer Belastung führen.
Beispielsweise erhöhen Umwelten, die einen geringen Erlebnisgehalt haben (wie z.B. eine schlechte Aussicht, alle Räume in kahlem weiss, u.ä.), die Wahrscheinlichkeit, an einem Burnout oder Depression zu erkranken.
Wie kann das gebaute Umfeld dazu beitragen, dass Menschen schneller gesund werden?
Ja, vgl. auch oben.
Ein wichtiger Aspekt hierzu ist der Ausblick und die Natur: Wissenschaftliche Studien in Krankenhäuser haben gezeigt, dass sich Patienten mit einem weiten Ausblick schneller erholt haben als diejenigen, die den Blick auf eine Mauer hatten. Der Bezug zur Natur, Luft und Licht, beeinflussen den Menschen psychisch und physisch positiv.
Vgl. z.B. die Studie von: Ulrich, R. S. (1984). View through a Window May Influence Recovery from Surgery. Science, New Series, 224(4647), 420–421.
Warum ist Natur in der Architektur wichtig?
Der Mensch ist ein Naturprodukt. Die Natur bietet zahlreiche positive Wirkungen, welche die Architektur berücksichtigen kann.
Unser Gehirn hat sich mit der Natur entwickelt. Natur hat ein mittleres Stimulationsniveau, das heisst, sie wirkt anregend und entspannend zugleich.
Natur hat zahlreiche positive Wirkungen wie:
- antistresswirkend, gesundheitsfördernd
- bessere Konzentrations- und Arbeitsleistung
- senkt aggressives Verhalten
- begünstigt soziale Interaktionen, usw.
Studien konnten zeigen, je grüner die Umgebung, desto seltener sind Herz- und Kreislauferkrankungen, Depressionen und Angststörungen bei den Bewohnern. Begrünte Flächen in der Wohnumgebung haben demnach einen präventiven Effekt hinsichtlich physischer und psychischer Gesundheit.
Vgl. z.B. die Studie von: Maas, J., Verheij, R. A., Vries, S. de, Spreeuwenberg, P., Schellevis, F. G., & Groenewegen, P. P. (2009). Morbidity is related to a green living environment. Journal of Epidemiology & Community Health, 63(12), 967–973.
Teuer ist nicht gleich besser
Wichtiger ist, dass die Bedürfnisse berücksichtigt werden.
Bei architekturpsychologischen Themen geht es nicht um Luxus oder Design, sondern darum, dass bedürfnisgerecht geplant, gebaut und/oder eingerichtet wird. Dies kann auch mit kleinem Budget umgesetzt werden.
Beschäftigt sich ein Architekt, Innenarchitekt, oder andere (Fach)Planer nicht sowieso mit Wohn- & Architekturpsychologie?
Nein.
Architekturpsychologie ist eine eigene Fachrichtung, so wie es auch der Bauingenieur oder der Denkmalpfleger eine ist. Eine umfangreiche Analyse und Beratung für Wohn- und Architekturpsychologie ist mit einem gewissen Aufwand verbunden und ist im normalen Umfang bei den Architekten, Innenarchitekten und (Fach)planer nicht eingerechnet.
Wann macht eine Architekturpsychologische Beratung Sinn?
Eine Beratung kann sowohl in der Planung als auch im Alltag (im bereits gebauten Raum) sinnvoll sein.
Planung:
- Sie stehen vor dem Kauf oder Bau Ihres Eigenheims
- Sie planen einen Umbau oder Neubau für eine konkrete Bewohnerschaft oder für eine spezifische Zielgruppe?
- Sie planen eine Siedlung mit unterschiedlichen Benutzer-/ und/oder Bewohnerschaften
Arbeitsleben:
- Sind Ihre Mitarbeiter unmotiviert und/oder nicht effizient?
- Gibt es Konflikte im Team, die auf das Arbeitsumfeld zurückgeführt werden (könnten)?
Alltag:
- Sie fühlen sich in Ihrem Zuhause nicht wohl
- Sie haben immer wieder (Familien)Konflikte zuhause
- Sie können sich zuhause nicht erholen oder fühlen sich nicht sicher? (Stichwort: Nachbarschaft, Kriminalität, etc.)
Natürlich gibt es noch unzählige andere Gelegenheiten, wo es Sinn macht, das Thema architekturpsychologisch zu betrachten - auch wenn es (oftmals) nicht das naheliegendste ist.
Wo finde ich architekturpsychologische Unterstützung?
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Bei allgemeinen Fragen rund um das Thema Wohn- und Architekturpsychologie stehe ich gerne zur Verfügung.
Bei Beratungs- oder Projektanalysebedarf verweise ich gerne auf meine Kolleginnen und Kollegen von IWAP (Institut für Wohn- und Architekturpsychologie).
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